MARTIN BISSIG, 04.09.2023
Unser Ambassador Martin Bissig erzählt in diesem Blogpost davon, was es ausmacht, wenn man darauf achtet nicht zu viel Equipment mitzunehmen. Zudem erwähnt er auch noch, wie diese minimalistische Art seine Fotografie veränderte.
Bei meiner täglichen Arbeit als Fotograf und Filmer bin ich mit zwei Canon EOS R5 Kameras unterwegs. Neben den gängigen f2.8 Zoom-Objektiven befinden sich auch ein paar Prime-Linsen in meinem Fotorucksack, zum Beispiel das RF-50/1.2 oder das RF 85/1.2. Bei kommerziellen Projekten für meine Kunden möchte ich natürlich nur die beste Qualität abliefern.









Für eine 4-wöchige Reise nach Sri Lanka habe ich mich jedoch bewusst für eine möglichst reduzierte, kleine Ausrüstung entschieden. Erstens, weil ich auf Reisen gerne mit leichtem Gepäck unterwegs bin und zweitens, um der gängigen Meinung entgegenzuwirken, dass gute Bilder eine teure Kamera und hochwertige Linsen erfordern. Also machte ich mich auf die Reise, mit einem Setup, das keine 2000 EUR kostet: Eine Canon EOS R10 mit dem RF-S Kit-Objektiv 18-150mm sowie dem 100-400mm Objektiv und einem Telekonverter. Das Teleobjektiv packte ich nur für ein paar Sport- und Tieraufnahmen ein. Die EOS R10 mit der Kitlinse sollte meine Standardausrüstung für ein paar Wochen sein.
DISCLAIMER: Ich bin Canon Ambassador und die Kamera sowie das Objektiv wurden mir leihweise kostenlos zur Verfügung gestellt. Mein Bericht über die Kamera entspricht jedoch meinen persönlichen Erfahrungen als Profifotograf.







Die Vorteile von leichtem Gepäck
Wer schon einmal eine volle Kameratasche mit mehreren Gehäusen und Objektiven auf einen Berg geschleppt hat, weiss: Ohne Fleiss, keinen Preis. Für mich ist das beruflicher Alltag. Im Gegensatz zu vielen ambitionierten Fotografen bin ich froh, wenn ich in meiner Freizeit mit möglichst leichter und kompakter Ausrüstung unterwegs sein kann. Dies bringt einige wichtige Vorteile mit sich. Eine kompakte Kamera mit nur einem Objektiv ist schnell verstaut, aber auch sehr schnell griffbereit. Und im Reisegepäck bleibt genug Platz für viele weitere Gegenstände. Ein zentraler Punkt für mich ist die Einsatzbereitschaft. Oft bleiben in der Reise- und Streetfotografie nur wenige Sekunden, um den perfekten Moment einzufangen. Wenn zuerst ein grosser Fotorucksack geöffnet, die richtige Linse montiert und die Kamera einsatzbereit gemacht werden muss, hat der Fischer sein Netz bereits geleert oder der Strassenverkäufer seine Ware bereits verkauft. Die beste Kamera ist die, die man dabei hat – nicht nur dabei, sondern auch sofort einsatzbereit. Dank der grossen Abdeckung des Zooms von 18-150mm muss ich auch keine Objektive wechseln. Mit dem 1.6x fachen Crop des APS-C Sensors entspricht das 29-240m bei einer Vollformatkamera. Von Weitwinkel bis Tele kann ich jede Situation sowohl in Totalen als auch in Details erfassen.









Fast inkognito unterwegs
Einer der grössten Vorteile ist für mich jedoch, dass ich mit einem kleinen Amateur-Setup nicht als Profi wahrgenommen werde. Gerade in ärmeren Ländern möchte ich nicht mit einer extrem teuren Ausrüstung vor den Menschen stehen. Einerseits möchte ich nicht als westlicher Reicher wahrgenommen werden, andererseits ermöglicht es mir eine kleinere Kamera, persönlicher und respektvoller auf Menschen zuzugehen. Es entsteht nicht das Gefühl, dass hier ein Profi am Werk ist und alltägliche Situationen lassen sich viel einfacher und ohne grosses Aufsehen einfangen.









Kompromisse bei Qualität und Leistung
Natürlich bin ich absolute Profi-Qualität gewöhnt, sowohl bei der Kamera als auch bei den Objektiven. Hier kann ein Kit-Objektiv natürlich nicht mithalten. Es ist im Vergleich zu meinen Prime-Linsen ziemlich lichtschwach. Ich muss also die ISO-Zahl schnell hochjagen. Insbesondere unter schlechten Lichtverhältnissen stosse ich schnell auf ISO-Werte, die ich vor ein paar Jahren noch strikt vermieden hätte. Dank moderner Software habe ich jedoch keine Bedenken mehr, ISO 20000 oder sogar höher einzusetzen. Zudem sind die Randunschärfe, Vignettierung und allgemeine Bildqualität natürlich weit entfernt von dem Niveau meiner L-Serie-Objektive. Aber auch hier vollbringt Lightroom und ähnliche Programme kleine Wunder. Ich nehme diese Abstriche bei der Qualität gern in Kauf, wenn ich dafür einen grossen Zoombereich und eine kompakte, leichte Bauweise erhalte. Es ist physikalisch schlicht unmöglich, ein kleines, leichtes 10-200/f2.0 Objektiv zu bauen. Deshalb muss ich mich entscheiden: gross, schwer und perfekte Qualität versus klein, leicht und ausreichende Qualität. Bei der Reisefotografie entscheide ich mich gern für Letzteres.






Auch beim Pufferspeicher – dem internen Speicher der Kamera – stosse ich bei Actionaufnahmen sehr schnell an meine Grenzen. Es ist zwar beeindruckend, dass die Kamera bis zu 40 Bilder pro Sekunde mit dem elektronischen Verschluss aufnehmen kann. Doch schon nach wenigen Sekunden gerät sie durch die grossen Datenmengen ins Stocken. Hier merkt man deutlich, dass eine Profikamera wie die R3 oder die R5 klar überlegen ist. Ebenso erreicht die R10 schnell ihre Limits in Bezug auf Wetterfestigkeit und Akkulaufzeit. Wer also einen Ferrari zum Preis eines Fiat Panda erwartet, wird enttäuscht sein. Als Profi fallen mir diese Punkte schnell auf, da ich die höherwertigen Modelle als Vergleich habe. Doch für Gelegenheitsfotografen mit beschränktem Budget ist die Leistung der R10 durchaus ausreichend.










Wann macht minimalistische Ausrüstung Sinn – wann nicht
Meiner Meinung nach ist eine kompakte Ausrüstung besonders vorteilhaft, wenn man ständig in Bewegung ist, sei es beim Sport, auf Reisen oder in der Streetfotografie. Sie ist schnell griffbereit, unauffällig, flexibel und vor allem klein und leicht – Eigenschaften, die in diesen Genres der Fotografie von unschätzbarem Wert sind und die Arbeit erleichtern. Für kommerzielle Projekte hingegen, wo andere Anforderungen und Erwartungen gestellt werden, sind die Qualität und Leistung meiner Canon EOS R5 Kameras und erstklassigen Objektive unerlässlich, um optimale Ergebnisse zu erzielen.












Wie sich meine Fotografie verändert hat
Die Reduktion auf das Wesentliche in Sachen Ausrüstung hat meine Fotografie massgeblich beeinflusst. Anstatt meine Zeit mit dem Wechseln des passenden Objektivs zu verschwenden, halte ich meine Augen offen und bin bereit für Neues. Ich konzentriere mich viel mehr auf meine Umgebung und das, was um mich herum passiert. Ich bemühe mich, Momente festzuhalten und im „Jetzt“ zu sein. Viele Amateure versuchen, ihre fehlenden Fähigkeiten und mangelnde Kreativität durch den Kauf neuer Ausrüstung zu kompensieren. Sie sind der Meinung, dass man nur mit guten Kameras gute Fotos machen kann. Sicher, neue Technologien helfen dabei, den Autofokus bei Actionaufnahmen zuverlässig auf das Motiv zu legen. Doch sie ersetzen nicht Stil und Ausdrucksweise. Viele junge Fotografen, die in der digitalen Ära aufgewachsen sind, versuchen sich in der analogen Fotografie. Ich, der aus der analogen Ära stammt, geniesse die Vorteile der spiegellosen Kameras, möchte mich aber bewusst technisch klein halten, um meinen Blick zu schärfen und meine Kreativität zu fördern.















Actionfotograf & LINGS-Ambassador
Lieblingsgegenstand bei LINGS: Canon EOS R5